Präsenz
- Präsenz ist die Verbundenheit mit seinen Selbst-Anteilen und kann durch topische Praxis gefördert werden.
- Siehe: Da-Sein
Präsenz und Linearität
Dimensionen der Präsenz
Raum | Zeit | Person | |
---|---|---|---|
Hier | Jetzt | Ich | |
Typ | lokal | temporal | personal |
Focus | Focus im NLP wegen Kontextbezüge und Ankerungen, und in der Aufstellungsarbeit | Focus in der Psychotherapie: innere (kindliche) Anteile | Focus im Business Coaching: in welcher (professionellen) Rolle |
|
Siehe: Primitive Gegenwart: Ich - Hier - Jetzt - Dieses - Sein
Zeitliche Präsenz
Siehe: Jetzt
Räumliche Präsenz
Siehe: Hier
Personale Präsenz
Siehe: Ich
Leibliche Präsenz
Präsenz als Achtsamkeit
...
Präsenz als Gegenwartsmoment
Präsenz als räumliches Phänomen
Präsenzkultur versus Sinnkultur
Sinnkultur | Präsenzkultur | |
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vorherrschender Gegenstand menschlichen Selbstbezugs | Geist, (Bewusstsein, res cogitans) | Leib (als Körper) |
Verhältnis des Menschen zur Welt | exzentrisch (Welt besteht nur aus materiellen Gegenständen), Subjektivität, Subjekt | nicht-exzentrisch, sondern In-Der-Welt-Sein durch Körper als integraler Teil des Daseins, (Welt besteht aus Dingen mit inhärentem Sinn) |
legitimes Wissen | Wissen ist von Subjekt in einem Akt der Weltinterpretation produziert, konstruiert | durch "Selbstentbehrung der Welt" offenbartes Wissen (idealtypisch), nicht-begriffliches Wissen, Antrieb geht nie vom Subjekt aus |
Zeichenbegriff | nach Saussure: Verknüpfung eines rein materiellen Signifikanten mit einem rein geistigen Signifikat ("Sinn" oder "Bedeutung"). Signifikat uninteressant, sobald sein "zugrundeliegender" Sinn identifiziert ist. | Verknüpfung einer (Raum verlangenden) Substanz mit einer Form ist (die es der Substanz ermöglicht, wahrgenommen zu werden). Keine Seite verschwindet. |
Verhältnis zur Umgebung | Umgestaltung ist wichtigste Aufgabe, daher "Motivation" und "Handlung" sehr wichtig | Menschen wollen in ein Verhältnis zur sie umgebenden Kosmologie treten, indem sie sich in die Rhythmen der Kosmologie einschreiben. Rhythmusveränderung ist Zeichen menschlichen Wankelmuts oder der Sünde. "Magie": Praxis des Präsentmachens abwesender Dinge und der Entfernung präsenter Dinge. |
Raum/Zeit | Zeit als ureigentliche Dimension, denn zwischen Bewusstsein und Zeitlichkeit scheint eine unumgängliche Verbindung zu bestehen (man denke etwa an Husserls Begriff des "Bewusstseinsstroms"). Zeit ist nötig, um jene Umgestaltungshandlungen durchzuführen, durch die Sinnkulturen das Verhältnis zwischen den Menschen und der Welt definieren. | Raum als jene Dimension, die sich im Umkreis der Körper konstituiert, der ureigentliche Bereich, in dem das Verhältnis zwischen den Menschen und den Dingen dieser Welt ausgehandelt wird. |
Gewalt | Gewalt als letztes Machtpotential wird versucht zu verbergen. | Rämliches Verhältnis kann in räumliche Gewalt umschlagen, d.h. Körper okkupieren und blockieren Raum und behindern andere Körper. |
Ereignis | Innovation, Überraschung | Abweichung von Regelmäßigkeiten einer Kosmologie und den in ihr enthaltenden Gesetzen menschlichen Betragens |
Fiktives | Interner Gegensatz zwischen Ernst der Alltagsinteraktion und dem Spielerischen oder Fiktiven. Fiktionen, wenn Akteure eine begrenzte oder gar keine Ahnung von den Motiven haben. | Kein Gegensatz zwischen dem Fiktivem und dem Ernst. Regeln an Stelle von Motivation. |
Rituale | Parlamentsdebatten, als Wettstreit zwischen verschiedenen individuellen Motiven über die intellektuelle Qualität der konkurrierenden Ideen und Argumente entschieden | Abendmahl als magisches Ritual, das den Leib Gottes als Hauptelement einer vergangenen Situation physisch präsent macht. |
[Vgl: HGU-DdH 100ff]
Präsenz versus Repräsentation
Präsenz-Schema | Repräsentations-Schema | |
---|---|---|
Geistesgeschichtliche Ursprünge | Daoismus | Europäische Philosophie |
präsent | Signifikat - Signifikant | Signifikat |
repräsentiert | - | Signifikant |
Semiotik der Repräsentation
Siehe: Repräsentationsschema
Repräsentation | Präsenz | |
---|---|---|
Bezeichnung | Bezeichnetes | |
Makel der Defizienz | gültiger | |
Abdruck | Siegel | |
repräsentierendes Wort, Zeichen | präsentes Ding | |
Signifikant | Signifikat | |
die bezeichnende Repräsentation | die bezeichnete Präsente | |
nachträglich hinzukommende menschliche Erfindung als Konstrukt | primäre Existenz | |
weniger präsent | hohe, eigentliche Präsenz |
Semiotik der Präsenz
Nicht-Präsenz | Präsenz | |
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Rad | Nabe | Speiche |
Unbestimmtheit: wuji als äußerste Ungeschiedenheit | Bestimmtheit: taiji als äußerste Deutlichkeit | |
einzig, leere "Einzigkeit", keine Form, keinen Namen | viele Einzelne, stehen einander Gegenüber | |
Allein-heit stiftet All-einheit | Vielfalt des Geschehens | |
Bedingung von Präsenz überhaupt | ||
Leere: wu | Volle, Präsente: you | |
Leib des Geschehens, Ort der Verwirklichung | ||
Aufhebung der Repräsentation in der Präsenz
Im Bereich der Präsenz sind Repräsentiertes und Repräsentation aufgebhoben. Aber die Unterscheidung zwischen Repräsentiertem und Repräsentation ist noch nicht einmal die Grundunterscheidung, die den Bereich der Präsenz konstituiert. (HGM-Feng Youlang 110f)
Aufstellung als Präsenz- statt Resonanzgeschehen
Der Unterschied zwischen einem Repräsentations- und Präsenz-Schema ist sehr grundlegend, da im Gegensatz etwas zum altchinesischen Daoismus in europäischer Tradition vorallem mit dem Repräsentationsdenken vertraut sind. Demnach gehören Repräsentat und Repräsentandum zwei getrennten Wirklichkeiten an. Das Wort "Baum" ist etwas ganz anderes als der Baum selbst, es liegt lediglich ein Verweisungszusammenhang vor. Dem Baum kommt die eigentliche Präsenz zu, nicht der Bezeichnung "Baum". Es gibt förmlich ein Wirklichkeitsgefälle und damit einen Sprung zwischen dem präsentem Baum und der repräsentierender Bezeichnung. Diesen Sprung gibt es hingegen in der daoistische Tradition so nicht, da Name und Sache auf dieselbe Weise präsent sind, und die Präsenz des Dinges begründen, das durch sie gebildet wird.
Es gibt im Präsenzdenken also kein Gültigkeitsgefälle zwischen Namen und Sache. "In einem Schema der Präsenz geht es darum, alles was ist, als gleichermaßen gültig anzuerkennen." (HGM-IMK 170) Folgt man dem Wechsel vom Repräsentations- zum Präsenzschema, und will also damit den Sprung zwischen Stellvertreter und der Rolle vermeiden, dann liegt es nahe, das Aufstellungsgeschen als präsentisches Resonanzgeschehen zu verstehen. Bei der Resonanz geht es im Unterschied zur Repräsentation nicht um eine abbildhafte Dopplung von Repräsentandum und Repräsentat, sondern um eine aktuelle Verknüpfung von "Resonandum" und "Resonans". Ein Vergleich: Die zweite angeregte Stimmgabel ist kein Repräsentat der ersten Stimmgabel, sondern eine Resonanz mit der sie durchdringenden Schwingung.